Nach dem Zerfall des Römischen Reiches kam es zunächst zu einer obskuren Phase, die von der europäischen Völkerwanderung geprägt war. Es ist schwer zu ermitteln, wie sich das Leben zu dieser Zeit gestaltete, da nur wenige schriftliche Überlieferungen existieren. Große Bedeutung für den weiteren Verlauf der Geschichte hat Karl der Große. Als Brückenbauer zwischen Antike und Mittelalter nahm er großen Einfluss auf die Entwicklung Europas. Ein Verdienst des fränkischen Königs war der Aufbau der Klöster als Stätten der Bildung, in denen Wissen zusammengetragen und verschriftlicht wurde.
Karl der Große herrschte über ein Reich, das in seiner Ausdehnung dem Römischen Reich in seiner Zeit als Hochkultur glich. Von Papst Leo III. wurde er schließlich im Jahre 800 zum römischen Kaiser gekrönt. Ein Akt, der als Wiederauferstehung des alten Roms interpretiert wurde. Nur war die Hauptstadt diesmal nicht Rom, sondern Aachen, das im Westen des heutigen Deutschlands liegt. Obwohl nun ein Germane auf dem cäsarischen Thron saß und einen erheblichen Teil Europas regierte, wurde durch diese Regentschaft auch das Ende der germanischen Ära eingeläutet. Auch wenn der Franke selbst Westgermanisch sprach, so war ihm trotzdem viel daran gelegen, Latein zur Amtssprache des gesamten Herrschaftsgebietes zu machen.
Die Geburtsstunde Deutschlands wird heute von vielen Historikern an einem Ereignis festgemacht: Nach dem Tod von Karl dem Großen kam es zu erbitterten Machtkämpfen, die schließlich 843 mit der Aufteilung des Reiches zwischen seinen drei Enkeln Lothar, Ludwig und Karl endeten. Die Aufteilung ist in dem berühmten Vertrag von Verdun festgehalten. Das heutige Staatsgebiet Deutschlands fiel Ludwig zu. Während die westliche Grenze klar vom Rhein definiert wurde, gab es in östlicher Richtung keine genaue Trennlinie. Wo das Reich der Slawen anfing und das Reich der Deutschen endete, war nur schwer zu bestimmen.
Im Jahr 870 kam es zu einer erneuten Aufteilung. Diesmal nur noch zwischen Ludwig und Karl. Sie teilten Lothars Reich untereinander auf, sodass die neuen Großreiche Ostfranken und Westfranken entstanden, die Vorläufer von Frankreich und Deutschland. Das nächste Jahrhundert war geprägt von schweren Ernteausfällen und Überfällen durch die Wikinger von westlicher und die Ungaren von östlicher Seite. Statt der Erbfolgendynastie forderte man am Ende dieser Strapazen die Wiedereinführung des alten germanischen Prinzips der Königswahl. Diese Entscheidung war folgenreich für die weitere Entwicklung Deutschlands, denn dies führte dazu, dass in keinem anderen europäischen Land der Kampf zwischen Adel, Klerus und Königtum so erbittert geführt wurde wie hier.